Schroddis Tag 562 – Und am Ende kam es dicke
17 11 2011Ort: Km 21.273, Tully Caravan Park
Ortszeit: RoadtripTag 164, 11.11.2011, 13.15 Uhr
Wetter: 30 Grad, bewoelkt
Anwesende: Meine zum Entsorgen bereit liegenden in Rattenpisse getraenkten Arbeitsklamotten
Nach meiner ersten Woche auf den Bananenfeldern war mir bereits klar, warum die Bananenernte unter Backpackern als eine der haertesten und beschissensten Erntearbeiten bekannt war. Auf der Hand liegt auch, dass nicht jeder fuer diesen Job gemacht ist. So kam es, dass von unserem neu aufgestellten Team zu Beginn der zweiten Woche bereits Zwei Leute wieder arbeitslos waren. Ein Dritter sollte sich Tage spaeter verheben, ebenfalls ausscheiden und der Vierte im Bunde schmiss den Job zum Ende der zweiten Woche. So blieben nur noch meine beiden Chefs Ash, Bernard und ich. Vor Ash hatte ich echt Respekt. Er ist ein kleiner Inder, der gerade 64 Kilo auf die Waage bringt (also weniger als einige Bananenbuendel, die er schleppt) und vor Energie nur so strotzt. Wenn wir uns alle erschoepft hinsetzten, um etwas zu trinken, sprang er herum und begann u.A. mit Bananen zu werfen.
Fuer die folgende Woche bekamen wir erneut zwei Helfer, wovon am Mittwoch ebenfalls einer das Weite suchte. Auch ich fuehlte mich jeden Abend wie ein ordentlich gekopftes Schnitzel, jedoch wollte ich die drei Wochen irgendwie durchziehen. Davon mal abgesehen gab es immer wieder einige Momente, welche fuer die Qual entschaedigten (z.B. als sich unbemerkt eine Baumschlange um mein Handgelenk wickelte, sich ein Kangaroo an unserer Fruehstueckspause beteiligte oder mir ploetzlich die Machete eines Kollegen im Finger steckte).
Zwar hatte ich die Nase bis oben hin voll, jedoch standen nur noch zwei weitere Tage an. Ich dachte nicht, dass es noch viel schlimmer kommen koennte, aber wie das so ist…
Donnerstag bekamen wir Verstaerkung durch einen Vorarbeiter eines anderen Teams und mir wurde zwar angekuendigt, dass er ordentlich den Druck erhoehen wuerde, jedoch hatte ich mir nicht im geringsten ausgemalt, was das bedeuten koennte.
Als mich Donnerstag Morgen dann wie ueblich unser Chef zur Arbeit abholte sass Francis wie angekuendigt auf dem Beifahrersitz. Von hinten konnte ich bis auf seine Wadendicken Unterarme nicht viel sehen, da seine ueberdimensionalen Nackenmuskeln den Blick weitestgehend verdeckten. Ich war gespannt, was mich da wohl erwarten wuerde.
Als es wenig spaeter ins Feld ging wurde ich „gluecklicherweise“ auch direkt zugeteilt die Bananenbuendel fuer dieses Kraftpaket zu buckeln. Wir waren kaum am Ort der Schmerzen angekommen, rannte Francis wie ein Geisteskranker von einer Staude zur naechsten. Durch das unwegsame Gelaende stolperte ich mit meinen Gummistiefeln hinterher und versuchte irgendwie an ihm dran zu bleiben. Ich konnte kaum gucken, schon hatte ich das erste Buendel auf der Schulter und der Maschetenflitzer stand bereits am naechsten Baum. Ich eilte los, knallte die Bananen auf den Traktoranhaenger und versuchte rechtzeitig an der naechsten Staude zu sein. Naehzu unmoeglich, denn auf halbem Wege kam mir mein Foltermeister schon mit der naechsten Ware auf der Schulter entgegen und wuchtete sie mir gnadenlos auf mein bereits weichgekopftes Schulterfleisch. Mir ging nur durch den Kopf, dass dieser Verrueckte als Kind mal in den Red Bull Topf gefallen sein muss. Gegen ihn sah selbst Ash (welchem ich fuer das Arbeitstempo echt tiefen Respekt zollte) wie ein Beamter in der Mittagspause aus. Nach einiger Zeit kam mein Boss zu mir und meinte, dass Francis das Tempo den ganzen Tag so weitergehen wuerde. Anfangs belaechelte ich diese Aussage, musste jedoch spaeter einsehen, dass er das wirklich irgendwie schaffte und kam zum Entschluss, dass er wohl nicht in einen Topf mit Red Bull, sondern mit offensichtlich wesentlich haerterem Stoff gefallen sein muss. Ich sah mich bis zur Fruehstueckspause schon nach Luft ringend irgendwo halb tot in der Ecke liegen. So tauschte ich nach rund 100 getragenen Buendeln mit meinem Boss und setzte mich auf den Traktor, waehrend er schleppen musste. Auch er hielt das Tempo nicht lange durch und wir einigten uns, dass jeder einmal fuer Ash, dann fuer Francis buckelte und sich anschliessend eine Haengerladung lang auf den Trecker setzte. Am Nachmittag sollte der Schwierigkeitsgrad dann noch etwas erhoeht werden. Ploetzlich auftretender Starkregen verwandelte das Feld in eine wahre Schlammpiste. Das auf den Tueten der Bananenbuendel gesammelte Wasser lief permanent ueber den Ruecken, durch die Kimme und sammelte sich rasend schnell in den Gummistiefeln. Am Ende des Tages hatten wir rund 39 Tonnen Bananen geerntet, wovon mindestens 13.000 Kilo auf meine Schulter entfielen. Nach Feierabend robbte ich auf meinen Brustwarzen noch in die Dusche und fiel dann komplett erschlagen ins Bett. Schliesslich sollte am folgenden Tag das grosse Finale kommen. Zwar nur einen halben Tag, dafuer aber doppelt so schnell. Francis wollte das Tempo noch etwas steigern, da ja anschliessend ohnehin Wochenende sein wuerde. 
Nach dieser Bemerkung fing ich an, mir Gedanken ueber meine Grabbepflanzung zu machen….evtl. eine Bananenstaude? Als ich am kommenden Morgen meine Augen gegen 4.30 Uhr oeffnete verrieten mir meine Schmerzen wenigstens, dass ich noch lebte.
Wer lebt kann auch arbeiten. So schleppte ich mich wenig spaeter wieder an den vereinbarten Treffpunkt. Nach einer halben Stunde Fahrt zur Farm. dann die erloesenden Worte: „Wegen Stromausfall kann nicht gearbeitet werden“. Wow, ich war selten so gluecklich ueber einen technischen defekt. Alles, was dann fuer den letzten Arbeitstag noch auf dem Programm stand, war die Reinigung unserer drei Traktoren. So bekamen wir eine Benzin betriebene Pumpe in einen nahegelegenen Bach gestellt und sollten dort unsere Gefaehrte abspritzten. Ich folgte Ash mit dem zweiten Trecker. Noch reichlich zerstoert vom Vortag traeumte ich des Weges als Ash vor mir unbemerkt in die Eisen ging. Schlaftrunken checkte ich das etwas spaet und rutschte dem vorausfahrenden Traktor mit blockierenden Raedern auf unbefestigter Strasse laut fluchend hinten rein. Zwar steht in meinem Arbeitsvertrag, dass ich saemtliche verursachten Schaeden am Farmequipment aus eigener Tasche bezahlen muss, jedoch sahen wir ueber die dicke Macke in der massiven Stahlverkleidung hinweg. So wuschen wir unsere Traktoren noch schnell und fuhren wieder nach Hause.
Es war geschafft!!! Drei Wochen Bananen und Schroddi hat es ueberlebt. Haengen geblieben sind rund 1.500 Dollar, einige nett anzusehende Narben und Erfahrungen, die ich so nicht nochmal machen muss.
Ohne Rast ging es ans Packen, um diesen verregneten Ort (hier fiel allein in der ersten Woche die in Frankfurt durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge) so schnell wie moeglich wieder zwecks Urlaub zu verlassen.
Es gruesst
Schroddi, mit dem Koerpergefuehl einer braunen Banane
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So auch ich heute, als meinem Boss der Lkw-Kuehler aus der Hand rutschte. Keine Angst, aus dem Kopf kamen nur ein paar Dummheiten gequollen und die Wunde wurde mit knapp 500 Stichen schnell wieder genaeht.




























